Zwetana Penova,
Service & Product Design

Design-Management - ein Paradox?

Published May 25, 2016

Meinen Design-Management-Kurs beginne ich oft mit einem Brainstorming. Ich bitte die Studierenden, ihre ersten Assoziationen und Gedanken dazu, was Design-Management ist, welche Aufgaben die Design-Manager übernehmen und welche Kenntnisse sie brauchen, auf Post-Its zu notieren. Das Gesamtbild eröffnet spannende Gespräche darüber, was wir unter kreativer Arbeit verstehen und wie sich die Rolle des Designers in den letzten Jahren verändert und erweitert hat. In diesem Post - ein paar Notizen nach meiner Einführungsvorlesung.

Worin besteht der Unterschied zwischen Projekt-Management und Design-Management?

Eine Frage, die zum Anfang der Diskussion auftaucht und meistens schnell beantwortet werden kann. Ein Projektmanager verantwortet die reibungslose Anfertigung eines Produktes. Er / Sie koordiniert alle Prozessbeteiligten nach relevanten Kriterien, z.B. dem Zeitplan oder Budget. Ein Projektmanager bewegt sich auf einer organisatorischen Steuerungsebene und befasst sich wenig inhaltlich mit den Produkten. Ein Projektmanager ist ein Beruf, der während des Industriezeitalters entstanden ist. Dagegen ist das Design-Management eine junge Disziplin, die nah an der Unternehmensidentität agiert. Während das Projekt-Management verschiedene Produktionsschritte verbindet, konzentriert sich das Design-Management darauf, durch Produkte, Kommunikationskanäle und Services die Werte des Unternehmens für die Kunden erlebbar zu machen. Ein Designmanager konzentriert sich darauf, quer durch alle Designdisziplinen eine lebendige Designstrategie zu erschaffen, die als Teil der Unternehmens-DNA alle Aktivitäten durchdringt und für Wiedererkennung und tolle User-Experience sorgt.

Wie ist das Design-Management entstanden?

Der kurze Blick auf die Evolution des Designs zeigt die enge Verbindung zu den technologischen Fortschritten.

  • Vor der industriellen Revolution waren der Designer und der Handwerker zumeist die gleiche Person. Wobei bei renommierten Meisterbetrieben wie etwa Möbel- oder Porzellanmanufakturen, schon immer eine Art-Direktion gab, die Form und Ästhetik verantwortete.
  • Das Industriezeitalter trennte die Gestaltung von der Produktion. Die serielle Anfertigung verlangte nach früheren Gestaltungsphasen und technischen Prototypen.
  • Das Bauhaus zelebrierte die gesellschaftlichen Aspekte des Designs - als Wegweiser für moderne Menschen.
  • Die 60er mit Dieter Rams in der Avantgarde formten ein Design, in dem Funktion und Ästhetik in einer puristischen Harmonie verschmelzen.
  • Die Memphis Bewegung sowie die Dominanz der Werbung in allen Medien nutzt die erzählerische und poetische Kraft des Designs, um die Kunden emotional zu berühren.
  • Die starke Corporate Identity der 90er Jahre diktierte eine Markenarchitektur mit klarer Rollenaufteilung: der Absender (die Marke) und die Empfänger (die Kunden).
  • Die digitale Revolution des 21. Jahrhundert stellte nicht nur die industriellen Produktionsschritte, sondern auch die Strukturen der hierarchischen Markenkommunikation auf den Kopf - das Wasserfallmodell wird nun durch agile Modelle ersetzt, bei denen das Design nicht als ein Schritt in der Produktionskette, sondern als zentrale Drehscheibe zwischen verschiedenen Designs und nicht Designdisziplinen eingesetzt wird.

Spätestens an dieser Stelle wird die Notwendigkeit der in den strategischen Strukturen verankerten, kreativen Führung deutlich. Das Design-Management verkörpert diese kreative Führung in einem Unternehmen.

Welche Kompetenzen braucht ein Design-Manager?

Ich sehe einen Design-Manager als jemanden, der / die in der Lage ist, strategisch zu denken, wichtige Zusammenhänge zu erkennen, Empathie für die Kunden und die Stakeholder zu entwickeln und richtige Entscheidungen zu treffen. Hier meine Top 4.

Bleibe kreativ

Das Wort “Manager” bedeutet nicht, dass deine Kreativität und Design-Kennrisse nicht gefragt sind! Im Gegenteil! Nutze deine Design- Fähigkeiten, um Ideen zu erklären, Visionen aufzubauen und Menschen zu inspirieren . Lerne konstruktives Feedback zu geben und gut zu argumentieren.

Werde Dolmetscher

Häufig fühlt sich ein Design-Manager wie Dolmetscher. Lerne, die Kreativen, die Businesspartner und den Kunden gleichermaßen zu verstehen und bei den Missverständnissen die Kommunikation in die richtigen Bahnen zu lenken.

Denke strategisch

Das Design ist nicht eine sporadische Schönheitskur, sondern Teil der Unternehmensstrategie und sollte als Teil der Unternehmenskultur geführt und weiterentwickelt werden.

Erkenne Chancen

Beobachte das menschliche Interagieren mit deinem Produkt und deiner Brand. Lerne, die neuen Bedürfnisse und Wünsche zu erkennen und antizipiere daraus die nächsten Schritte.

Zusammenfassung

Raymond Turner, ein bekannter Design-Strategist und Autor, hat in seinem Buch “Design Leadership” folgenden Satz formuliert: Design leadership helps define the future, design management is a tool for getting there. Was so viel heißt, dass das strategische Design die Zukunft formt, und das Design-Management der Weg dorthin ist. Das Design-Management formt systematisch und kreativ eine Design-Strategie, die alle internen und externen Produktions- und Kommunikationsebenen des Unternehmens durchdringt und für die Kunden als eine schöne User-Experience erlebbar wird.

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