Zwetana Penova,
Service & Product Design

T-Shaped Professional - Einer für alle, alle für einen

Published January 04, 2013

Design-Thinking funktioniert nur im Team - fünf bis sechs Leute, die mit der Methode vertraut sind und der DT-Regel folgen. (Zum Auffrischen bitte in diesem Artikel nachschauen). Die Teammitglieder bringen verschiedene Fachqualifikationen mit und decken alle Aspekte des Projektes ab … soweit, so gut. Das ist aber noch nicht alles – Design-Thinking setzt noch weitere Fähigkeiten voraus, die eine enge Zusammenarbeit zwischen den Disziplinen forcieren. T-shaped-People werden die Menschen genannt, die neben dem tiefen Experten-Wissen auch ein enormes Gefühl für Synthese mitbringen. Ich finde es lohnenswert, an diesem Punkt anzuhalten und darüber nachzudenken, was eine T-Shaped-Person ausmacht.

Idealbild

Ein Bild von einem T-Shaped-Menschen ist eine Freude für das Auge! Sein Stamm ist ein tiefes Wissen in einem speziellen Gebiet. Er ist ein Experte. Seine Flügel breiten sich zu den anderen Teammitgliedern aus – er ist in der Lage, die wichtigsten Erkenntnisse aus seiner Expertise verständig mit den anderen Team-Mitgliedern zu teilen. Er verliert sich nicht im Detail, drängt seine Themen nicht in den Vordergrund und spricht eine Sprache, die auch für die Kollegen aus anderen Fächern verständlich ist. Was für ein Bild! Kennen Sie viele solche Leute? Ja, dann arbeiten Sie wohl in Stanford ;)

Schauen wir uns diese zwei Linien getrennt an:

Spezialist – Fachwissen / die Vertikale

Seine Ausbildung und seine überdurchschnittlichen (!) Erfahrungen machen aus ihm einen unersetzlichen Experten. In seinem Bereich verfügt er über ein enormes theoretisches und praktisches Wissen. Er genießt große Anerkennung in den Fachkreisen. Ein Experte wird man nicht von heute auf morgen – es bedarf viel Geduld und Zeit. Die meisten Experten sind schon als Kinder auffallend gewesen: Etwa während viele Kinder eine gewöhnliche Briefmarkenkollektion anlegen, konzentrierte sich der Experte auf die Briefmarken zur französische Revolution, die in Kanada zwischen 1970 und 1980 herauskamen.

Diese an sich sympathischen und liebeswürdigen Menschen haben oft Schwierigkeiten in der Kommunikation – sie sind schlicht zu sehr von ihrer Materie fasziniert, um zu merken, dass die Anderen ihnen nicht folgen oder ihre Fachsprache nicht verstehen.

Generalist – Allgemeinwissen / die Parallele

Die „freakigen“ Eigenschaften sind einem Generalisten fremd. Nichts langweilet ihn mehr, als sich mit einem Thema tief zu beschäftigen. So einen Stamm aufzubauen, kommt ihm erst gar nicht in den Sinn. Viel mehr interessiert sich der Generalist für die Synthese zwischen den Disziplinen und dafür, was aus dieser Synthese entstehen könnte. Er guckt nach links, schaut nach rechts, und schon bekommt er den Überblick über die Entwicklung und hat die nächsten Schritte vor Augen. Ein Generalist kann geschickt kombinieren, verständigt sich leicht mit Kollegen und hat schon von allem einmal gehört. Die letzte Eigenschaft leistet einem Generalisten nicht immer gute Dienste – seine Fachanmerkungen können auf Spezialisten unseriös und unprofessionell wirken.

Das Gelbe vom Ei

Der T-Shaped-Mensch ist nun eine Vereinigung der besten Eigenschaften aus zwei so unterschiedlichen Typen. Die Vorteile solcher Kollegen im Team sind offensichtlich:

  • Fließende Kommunikation – die Fachsprache und die Handlungsmotive sind verständlich.
  • Keine Brüche zwischen den Projektmeilensteinen – die möglichen Lücken zwischen den Disziplinen während der Produktion werden minimiert.
  • Neue Ideen können schnell generiert werden – die Teammitglieder können auch fachlich einander unterstützen und inspirieren.
  • Fachliche Fragen und Problemen werden im Team gelöst – die Teamkompetenzen der einzelnen Kollegen sind verfügbar.

Wie wird man T-Shaped?

Übung macht den Meister – ein „young professional“ kann dieser Form anstreben, braucht aber sicherlich erst Zeit und Erfahrungen, um beide Linien zu entwickeln. Die Vermittlung der notwendigen Kenntnisse sollte allerdings schon im Studium beginnen. Gerade heutige Bachelor-Studiengänge begrenzen sich aus zeitlichen Gründen oft auf die Vermittlung der Fachgrundlagen und lassen die übergreifenden Themen außer Acht.

Grundsätzlich gilt es hier sich wohl selber zu helfen – Jobs und Projekte zu suchen, die T-Shaped-Fähigkeiten verlangen und Weiterbildungen, die Interdisziplinarität fördern.

Reality-Check Design

Je nach Projekt oder Team können die Proportionen zwischen den zwei Linien stark variieren – in einem Projekt überwiegt das fachliche Wissen, in anderem wird eher das breitere Wissen verlangt. Für die innovative Produktentwicklung sind die T-Shaped–Teams ein Muss.

In der Praxis lege ich besonders großen Wert darauf, Design von Anfang an in den Prozess zu integrieren. Nur ein Designer mit viel Empathie für die weiteren fachlichen Komponenten ist in der Lage, in einem iterativen Prozess die Rolle einer Drehscheibe anzunehmen.

Um diese Aussage zu verdeutlichen folgendes Beispiel:

Aufgabe: Entwicklung eines interaktiven Lernspieles.

Aus folgenden Disziplinen wird sein Team bestehen:

  • Autoren
  • Redaktion
  • Interaktion Designer
  • Interface Designer
  • Marketing
  • Programmierung
  • Brand-Designer
  • Illustratoren /Animation
  • Mediendidaktik

Diese verschiedenen Spezialisten brauchen auf der einen Seite einen „Tunnel“-Blick für die fachlichen Aufgaben, auf die anderen viel Verständnis für die Vorhaben der Kollegen.Bei dem Designer treffen alle Ideen unmittelbar aufeinander, was besondere Fähigkeiten für die Synthese erfordert.

Fazit

T-shaped-Fähigkeiten sind die wichtigsten Eigenschaften für Leute, die in ihrem Job gerne über den Tellerrand hinausschauen, bereit sind ihren Wissen zu teilen und Lust haben im Team zu arbeiten. Vorausgesetzt, ihre Expertenwissen nicht so spezifisch wie bei Dogbert ist.

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